Nachdem ich hier gestern berichtete, dass die Verantwortlichen bei der Stadt Remscheid meine Anfrage nach IFG NRW (wie leider üblich) ignoriert haben und mir innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist keinen Zugang zum Gutachten zur Machbarkeit eines Fuß- und Radwegs auf der Müngstener Brücke gewährt hatten, trudelte gestern Nachmittag plötzlich und unerwartet eine Email mit zwei Gutachten zu dem Thema ein. In der Zwischenzeit hatte ich mich allerdings schon an das Büro der Landesdatenschutzbeauftragten gewandt, da die Stadt die Frist überschritten hatte. Ich habe beim Landesdatenschutzbeauftragten darauf hingewiesen, dass dem Antrag nun nachgekommen wurde, allerdings verspätet, und darum gebeten, die Verantwortlichen bei der Stadt Remscheid wegen der Nichteinhaltung der Fristen zu rügen.
Die beiden Gutachten habe ich weiter unten verlinkt, damit die allgemein zur Kenntnis genommen werden können.
Zwei Punkte möchte ich noch hervorheben:
1 – Laut Datum liegt eins der Gutachten seit August 2023 vor. So lange wurde es also der Öffentlichkeit vorenthalten. Gründe dafür sehe ich nicht, es sei denn Gemauschel bei den Verantwortlichen der Stadtspitze Remscheid. Ich kann natürlich auch nicht nachvollziehen, ob das Gutachten noch “frisiert” wurde, um es an die Wünsche der Stadtspitze anzupassen.
2 – Eigentlich war der zentrale Punkt eines “Bergischen Brückenschlags” die Anlage eines Radwegs auf dem vorhandenen Serviceweg, nicht nur aus touristischen Gründen, sondern auch um im Rahmen der gerade in Remscheid überfälligen Mobilitätswende eine Radverkehrsverbindung zu ermöglichen, ohne dass man den (auch mit eBike) beschwerlichen Umwegs durchs Tal der Wupper nehmen muss.
Fassungslos muss ich zur Kenntnis nehmen, dass in den Gutachten darauf überhaupt nicht eingegangen wird. Es wird ausschließlich darauf abgestellt, ob “Aussichtsplattformen”, “Baumwipfelpfade” oder “geführte Touren” machbar sind und mit dem Wunsch nach Anerkennung als Weltkulturerbe in Einklang zu bringen sind. Kein Wort zu einem Radweg, der ja eigentlich der zentrale Punkt des Bergischen Brückenschlags gewesen wäre. Diese Option wurde allerdings im beauftragten Gutachten komplett ausgeblendet. Ich kann nur spekulieren, dass hierfür die ohnehin ablehnende Haltung der Stadtspitze in Sachen Radverkehr verantwortlich ist.
Aus folgendem Passus des Gutachters wage ich zu entnehmen, dass der vorab instruiert wurde, denn inhaltlich kann ich seine Begründung im Vorwort nicht nachvollziehen:
So wurde die Nutzung der Wartungsebene als öffentlicher, nicht kontrollierter Fuß- und Fahrrad-Überweg nicht vertiefend betrachtet, weil die hierfür erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sowie die Vorkehrungen für den Suizidschutz absehbar zu erheblichen Veränderungen an der Brücke führen würden.
Jahrelang wird darüber diskutiert, ob ein Radweg über den Servicepfad möglich ist – und dann beauftragt man ein Gutachten, das sich damit überhaupt nicht inhaltlich befasst und das gleich ohne detaillierte Begründung ablehnt.
Das macht mich fassungslos.
Die Bedenken hinsichtlich einer Gefährdung der Bewerbung der Brücke als Teil des Weltkulturerbes ist für mich ohnehin nicht nachvollziehbar, denn die Vereinten Nationen stellen eben auch Nachhaltigkeit und “Verbesserung des Lebens” mit in den Mittelpunkt von Überlegungen im Rahmen dieser Thematik. Und sowohl “Nachhaltigkeit” als auch “Verbesserung des Lebens” wäre durch einen Radweg definitiv gegeben – und das nicht nur im Rahmen der dringend notwendigen (und in Remscheid bekanntermaßen überfälligen) Mobilitätswende. An dieser Stelle haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, dass Radverkehr an dieser Stelle auch eine Alternative zum Zugverkehr wäre, denn dass die Züge gefühlt öfter ausfallen als fahren, weiß jeder, der sie nutzt. Die Direktverbindung nach Düsseldorf fährt seit August 2023 nicht und wie der WDR berichtet, wird diese Linie auch noch bis Ende 2024 ausfallen. Mindestens.
Da der Radverkehr in beide Gutachten gar nicht einging, würde ich mal davon ausgehen, dass die Verantwortlichen das stillschweigend unter den Tisch fallen lassen wollen. Und auch ein Fußweg wird vermutlich auf Basis des Gutachtens abgelehnt werden, obwohl sich die streng genommen gar nicht damit auseinander setzen. Dabei wäre ein Netz, das Suizide verhindern soll gar keine dauerhafte bauliche Veränderung der Brücke. Wer von der Brücke springen will, der kann das auch von der Schienenebene aus tun. Wirklich gesichert ist die nämlich ebenfalls nicht, weshalb mir die Suizidbedenken vorgeschoben erscheinen.
Beides sollten wir uns als Bürger nicht gefallen lassen und weiterhin gegenüber den Verantwortlichen in Stadtspitze und Verwaltung deutlich vertreten, dass ein “Bergischer Brückenschlag” gewollt und sinnvoll ist!
Im Folgenden die beiden Gutachten als PDF zum Download:
20230807_Müngstener Brücke_Reduziert (PDF, ca. 15 MB)
FFH_Vorprüfung_Müngstener Brücke_11_01_24 (PDF, ca. )
Bild von mir, CC-BY NC SA